Der Neuling an der Seitenlinie

In der Winterpause hat sich der FC Klingnau von Trainer Radi Schibli getrennt. Als Nachfolger wurde Danijel Kovacevic bestimmt. Der neue Mann spricht über Rückkehrer, das Derby und die Ziele des Vereins.

Alessandro Crippa

Die Gegner des FC Klingnau haben die Nachricht wohl gerne gelesen. Danijel Kovacevic wird neuer Trainer, Nachfolger von Radi Schibli. Nicht, weil sich die Gegner vor Schiblis taktischem Wissen fürchteten, sondern eher vor Kovacevic. Der gross gewachsene Mann stürmte nämlich in der vergangenen Rück- und nun auch in der Vorrunde noch für den Verein. In 25 Spielen hat er 15 Tore erzielt, ein toller Wert, selbst für einen Stürmer. Und da er nun an die Seitenlinie wechselt, wird so mancher Verteidiger aufatmen, weil er sich gegen den Angreifer nicht mehr wehren und Kopfballduelle austragen muss.

Aufstieg im Fokus?

Die Gemütslage im Stausee-Dorf ist ordentlich. Der vierte Rang nach der 13 Spiele dauernden Vorrunde und nur einen Punkt hinter dem Leader aus Wettingen sind zufriedenstellend. Der neue Trainer ist erfreut mit der ersten Saisonhälfte, sagt aber auch: «Drei oder vier Punkte mehr wären natürlich ideal gewesen.» Womit er nicht unrecht hat. In einigen Partien hat sich Klingnau selber um Punkte gebracht. Aber diese Spiele braucht es auch und sie gehören genauso zum Sport wie glückliche Siege.

Das primäre Ziel sei es aber, unter den ersten vier zu sein und das hat man aufseiten der Klingnauer erreicht. Es gibt also kein Anlass zur Sorge. Auch in der Rückrunde will man wieder oben mitspielen und die Nummer eins in der Region sein, wie Kovacevic mit einem schelmischen Lächeln zu Protokoll gibt. Der Aufstieg sei nicht das oberste Ziel, auch wenn das vielleicht manchmal so interpretiert wird. Machbar wäre er aber allerdings. Der Platz ist tauglich für die nächst höhere Liga, die 2. Liga inter.

Captain und Stellvertreter bestimmt

Das Personalkarussell hat sich nicht gross gedreht. Besnik Golaj hat die Mannschaft verlassen, dafür sind mit Florian Adili und Arjanit Kabashaj zwei Spieler zurück, die in der Vergangenheit schon einmal für Klingnau aufgelaufen sind. Adili wird im zentralen Mittelfeld für zusätzliche Stabilität sorgen, Kabashaj könnte in der Innenverteidigung eingesetzt werden. Vielleicht wird Kovacevic ihn aber auch für Golaj einsetzen, der im linken Couloir gespielt hatte.

In die Karten blicken liess sich der neue Trainer aber noch nicht. «Es gibt auch keine Stammplatzgarantie bei mir!» Diese Ansage hat wohl auch bei der Mannschaft gesessen, denn Kovacevic ist zufrieden mit den ersten Wochen. «Die Jungs haben super mitgemacht, die Vorbereitung war streng.» Das einzige, was er schon verraten konnte, ist das Thema mit dem Captain. Auch Danijel Kovacevic setzt weiterhin auf Bora Kalyon. Es gebe keinen Grund, Kalyon abzusetzen, sagte der Trainer. Vize-Captain ist Rückkehrer Florian Adili. Die Wahl des Mannschaftsrats steht indes noch aus.

Trainingslager mit viel Spiel und Taktik in Aussicht

Trotz der harten, intensiven Vorbereitung scheint die Mannschaft schon jetzt, Ende Februar, bereit zu sein. Das erste Testspiel gegen die deutsche Mannschaft Erzingen konnte mit 5:1 gewonnen werden. Und auch das zweite gegen Waldshut konnte ebenfalls dank einem 5:1-Sieg erfolgreich gestaltet werden.

Am 5. März geht es dann für die Spieler und den Staff des FC Klingnau ins Trainingslager. Die Reise führt nach Buerto Banus, bei Marbella, in Spanien. Rund 20 Leute werden mitreisen. Dort wird vor allem noch an der Taktik und am Spielerischen gefeilt, wie Kovacevic erklärt. «Bis dann müssen wir physisch auf dem nötigen Level sein, damit wir uns genug mit den anderen Elementen beschäftigen können.» Am 9. März kehrt die Mannschaft dann zurück und am 24. März startet die Rückrunde. Gegner ist Spreitenbach.

Es wird offensiver

Die Ost-Aargauer liegen derzeit auf dem zehnten Rang. Das ist vielleicht etwas unter ihrem Wert. Genau deshalb warnt Kovacevic vor ihnen und betont auch, dass sich der Club in der Winterpause noch verstärkt hat. Es werde kein einfaches Spiel. Dennoch ist Klingnau der Favorit, das kann niemand abstreiten und drei Punkte müssen im Bereich des Möglichen liegen. Kovacevic sagt: «Wir fahren dorthin, um zu gewinnen.»

Die Frage ist nur, wie Kovacevic das anstellen will. Was für einen Fussball wird er denn spielen lassen? Wird er dem defensiven System seines Vorgängers treu bleiben oder will er seine Mannschaft offensiver ausrichten und den Fans in jeder Partie ein Spektakel bieten? «Ich kann noch nicht alles verraten», meint er dazu. «Aber es wird sicher offensiver gespielt werden als früher.»

Den Teamgedanken stärken

Etwas, was sich auch ändern muss, ist zweifelsohne die Disziplin der Mannschaft. Klingnau hat sich in der ersten Hälfte der Saison die meisten Strafpunkte in der ganzen Liga eingehandelt. Konfrontiert mit der Frage, wie Karten wegen unnötigen Foulspielen oder Reklamierens gehandhabt werden, redet der neue Übungsleiter Klartext: «Das wird von mir überhaupt nicht geduldet! Da müssen wir uns verbessern.» Sollte es dennoch so weit kommen, werde er Sanktionen aussprechen.

Die Mannschaft des FC Klingnau soll sich in Zukunft als verschworene Einheit präsentieren, der Mannschaftsgedanke soll im Vordergrund stehen. Erreichen will das Kovacevic unter anderem mit gemeinsamen Aktivitäten neben dem Platz. «Wir wollen vermehrt auch die lokalen Restaurants nach dem Training aufsuchen und als Team dorthin etwas trinken gehen.» Das sollte den Effekt haben, dass dann am Wochenende noch mehr Leute den Weg auf den Sportplatz Grie finden und ihn und seine Schützlinge anfeuern.

Wer schiesst in der Rückrunde die Tore? Unwichtig!

Selber wird Danijel Kovacevic nicht mehr auf dem Platz stehen. «Es ist Zeit, den Jungen die Chance zu geben», sagt er. Ausser es herrscht Not am Mann. Dann würde der 36-jährige die Fussballschuhe schon noch einmal schnüren und sich auf den Platz begeben. Und das könnte schon passieren. Der Klingnauer Kader ist nicht sonderlich gross. 18 Mann sind nicht übermässig viel.

Wichtig ist für die Städlti-Kicker, dass die Leistungsträger fit bleiben. Schwierig zu ersetzen wären zweifelsohne Bora Kalyon, Brahim Maloki oder Nexhdet Gusturanaj. Letzterer ist quasi die Lebensversicherung des FC Klingnau. 14 Tore hat der Stürmer in der Hinrunde erzielt, liegt auf Rang zwei der Torschützenliste. Während dem Gespräch mit Kovacevic läuft Gusturanaj zufällig vorbei. Ob er in der Rückrunde nochmals 14 Tore schiesse, ist die Frage. «Das wäre toll. Aber es ist nicht wichtig, wer die Tore schiesst, sondern dass sie geschossen werden.» Ein Statement, das schon viel Aufschluss darüber gibt, dass das Mannschaftsgefüge wieder erstarkt ist.

Bis sicher Saisonende an der Seitenlinie

Der FC Klingnau ist die erste Trainerstation für Danijel Kovacevic. Zwar hat er – wie er selbst sagt – in Klingnau und auch bei Seefeld schon Juniorenteams betreut, aber es ist das erste Mal, dass er bei einer Aktiv-Mannschaft das Zepter schwingt.

Aber: Wie kam es eigentlich dazu, dass Klingnau einen Neuling im Trainerbusiness installiert? Kovacevic sagt: «Das Ganze hat sich dank einem Gespräch mit dem Präsidenten ergeben.» Roger Meier und er haben über diverse Dinge gesprochen und irgendwann sei Kovacevic dann gefragt worden, ob er nicht die Mannschaft übernehmen wolle. «Da musste ich nicht lange überlegen.» Die Zusage kam ziemlich sofort. Bis sicher zum Saisonende ist «Kova» – wie er auch genannt wird – eingespannt. Danach werde über eine allfällige Weiterarbeit diskutiert.

Zweites Spiel schon ein Kracher

Einen übermässig hohen Druck verspürt Kovacevic nicht, auch wenn Klingnau die Ambitionen hat, weiterhin vorne mitzuspielen. Die Vereinsleitung schenkt dem gelernten Sanitär das Vertrauen. Ob er dieses rechtfertigen kann, wird sich schon nach wenigen Partien zeigen. Gleich am zweiten Spieltag der Rückrunde kommt es am 31. März zum Spitzenspiel gegen den FC Othmarsingen. Kann Danijel Kovacevic dann schon den ersten grossen Sieg einfahren oder ist er mit seiner Mannschaft noch nicht so weit? Die Antwort wird es bald geben. Ein guter Start ist dem sympathischen Neuling, der aber als Spieler viel Erfahrung gesammelt hat, zu wünschen.

Eine letzte Frage bleibt aber noch, auch dem Rivalen aus Koblenz wurde sie gestellt. Wie wichtig ist das Derby in der Rückrunde? Es sei schon wichtig, aber auch nur ein Spiel wie jedes andere, sagt der neue Trainer dazu. Aber sein Team und er werden sicherlich alles geben, das Spiel im Mai erfolgreich zu gestalten. «Es wird wieder ein tolles Spiel werden, aber mit einem anderen Ausgang.» Die Warnung ist also raus, Kovacevic grinst, zwinkert und rauscht davon.