«Ich mag es, wenn die Leute über uns tratschen»: Tabellenschlusslicht FC Klingnau hat plötzlich ein Top-Team
Nach einer enttäuschenden Hinrunde steht der FC Klingnau mit nur sechs Punkten am Tabellenende der 2. Liga AFV. Nun hat der Verein aus dem Zurzibiet reagiert und namhafte Spieler verpflichtet. Mit ihnen soll der Negativlauf gestoppt und der Abstieg verhindert werden.
Plötzlich steht der FC Klingnau mit einem Kader da, mit dem er von der Qualität her auch um den Meistertitel in der 2. Liga spielen könnte. Der Tabellenletzte hat seine Mannschaft während der fünfmonatigen Winterpause gehörig auf den Kopf gestellt. Was haben die Zurzibieter da vor?
In Klingnau herrscht seit letztem November Aufbruchstimmung. Zum Ende des vergangenen Jahres genehmigte die Bevölkerung einen Baurechtsvertrag. Damit bekommt der Verein nach jahrelangen Strapazen (vier Abstimmungen innert zwölf Jahren) endlich einen neuen Sportplatz. Demnächst folgt das Baugesuch, im besten Fall könnten die Bauarbeiten bereits im Sommer beginnen.
Vier Neuzugänge kommen aus der 2. Liga inter
Rund einen Monat vor dem Start der Rückrunde in der 2. Liga ist Präsident Roger Meier wieder voller Elan und Optimismus. Vergessen sind die harten vergangenen Monate, in denen der FC Klingnau von der 2. Liga inter bis ans Tabellenende der regionalen 2. Liga durchrasselte. «Ich habe mir im letzten Jahr viele Gedanken darüber gemacht, ob und wie es mit dem FC Klingnau weitergehen soll. Dass wir nun eine neue Infrastruktur in Aussicht haben, war für mich dabei ein entscheidender Punkt.»
Dank dem Baurechtsvertrag entschied sich Meier im Winter dazu, mit dem FC Klingnau noch einmal anzugreifen. «Unsere Region braucht einen Zweitligisten, und das muss der FC Klingnau sein. Ich möchte, dass die besten Spieler aus dem Zurzibiet bei uns landen. Wenn wir gemeinsam mit dem SC Zurzach und dem FC Würenlingen in der 3. Liga kicken, verlieren wir unsere Argumente. Dieses Szenario will ich um jeden Preis vermeiden.»
Entsprechend hat Meier den Klingnauer Kader aufgerüstet. Und wie! Zahlreiche Topspieler sind gekommen. Mit Milos Ivanovic, Atanas Angelov (beide FC Windisch), Oruc Teke (SC Zofingen) und Anto Gudelj (FC Dietikon) wechselten gleich vier Spieler aus der 2. Liga inter ins Zurzibiet. Nebenbei kommen auch Isni Zekiri (FC Brugg) und Paulo Arias (FC Würenlingen) nach Klingnau.
Spannend dürfte zudem der Transfer von Tomislav Iliev sein. Der 29-jährige Verteidiger spielte zuletzt in der höchsten nordmazedonischen Fussballliga bei Akademija Pandev. Meier erklärt dazu: «Ein paar dieser Spieler spielten bereits in der Vergangenheit für uns. Ich konnte sie nun in der Winterpause davon überzeugen, sich dem FC Klingnau wieder anzuschliessen. Nebenbei hatte auch Trainer Imer Kryeziu ein paar gute Kontakte, die wir nun nutzen konnten.»
Für die Transfers aufs Trainingslager verzichtet
Dem Präsidenten ist dabei auch bewusst, dass solche Transfers in der regionalen 2. Liga für Gesprächsstoff sorgen. Damit hat er aber kein Problem: «Ich mag es, wenn die Leute über uns tratschen. Ich musste mir auch bereits an der Fasnacht einige Sprüche anhören. Wir waren nun lange nicht mehr im Fokus, das kann sich von mir aus gerne wieder ändern.»
Natürlich stellt sich auch die Frage, was sich der FC Klingnau mit diesem Kader, der mit seiner individuellen Qualität zu den besten der Liga gehört, für Ziele setzt. «Wir können uns nichts vormachen. Mit nur sechs Punkten auf dem Konto müssen wir den Klassenerhalt anstreben, mehr liegt in dieser Saison nicht mehr drin. Leider sind wir im Cup auch schon ausgeschieden.»
Meier ist sich dabei auch bewusst, dass individuelle Qualität alleine keinen Abstiegskampf gewinnt: «Es ist klar, dass viele Spieler normalerweise grössere Ambitionen haben, als in dieser Liga um den Klassenerhalt zu spielen. Aber ich merke, dass die Stimmung im Training gut ist. Die Jungs haben diese schwierige Situation angenommen und sehen in ihr auch eine sportliche Herausforderung.»
Mit einem solchen Team könnte sich Klingnau wohl langfristig auch wieder unter den Aargauer Top-Klubs einreihen. Ob sich Meier aber über die Saison hinaus ein solches Kader leisten möchte, weiss er derzeit noch nicht. Meier: «Wir haben in dieser Winterpause auf das Trainingslager verzichtet, damit wir uns diese Transfers leisten konnten. Das ist nicht optimal, aber in unserer Situation eben notwendig, damit wir den Negativlauf stoppen können. Im Sommer werden wir die Lage neu beurteilen», sagt er.
*Der Artikel ist am 2. März in der Aargauer Zeitung veröffentlicht worden. Autor: Nik Dömer.