Fussball kennt kein Handicap

Das Fussball verbindet zeigte sich am integrativen Propsteiturnier des FC Klingnau. Fussballbegeisterte mit und ohne Handicap spielten gemeinsam ein spannendes Turnier. Nicht der Sieg, sondern das gemeinsame Spiel und die Freude am Sport stand im Mittelpunkt.

von Thomas Gautschi

 

Manch einer im Städtli wird verdutzt den Kopf geschüttelt haben, denn vom Propsteihof her verkündete die Speakerstimme lautstark: Für das nächste Spiel machen sich bereit auf dem Platz A Indien gegen Uganda und auf Platz B Dominica gegen Wales. Fussballnationen aus aller Welt zu Besuch in Klingnau, das war der Samstag am Propsteiturnier.

Am traditionellen Turnier des FC Klingnau kickten am Samstag zwar nicht exotische Teams aus aller Welt gegeneinander, doch die neun Teams in den knallfarbigen Überziehleibchen waren schon speziell. Für einmal bildeten Spieler des FC Klingnau mit Menschen mit einer Behinderung für einen Tag ein Team und kickten unter den Flaggen von San Marino, Färöer, Angola und so weiter. Wie diese Länder, die nun gar nicht zu den Grossen in der Fussballwelt gehören und nicht an der WM dabei sind, sind Menschen mit einem Handicap nicht die Stars im Leben und haben nie die Gelegenheit, an einem grossen Turnier dabei zu sein. Dies ermöglichte nun der FC Klingnau mit seinem Integrationsturnier und lud die Tschütteler der Stiftung Schürmatt aus Zetzwil, von der ARWO Wettingen und vom AWZ Kleindöttingen nach Klingnau ein.

 

Sportgeist und Fairness

Erwartungsvoll standen rund 60 fussballbegeisterte Menschen mit und ohne Handicap auf dem Propsteiareal, bis Organisator Marcel Cavelti das Wort ergriff, die Anwesenden begrüsste, die Mannschaften einteilte und diese mit farbigen Leibchen und den entsprechenden Länderflaggen ausrüstete. Dass Fussball verbindet, zeigte sich von der ersten Minute an. Die zusammengewürfelten Teams, studierten den Spielplan und wärmten sich gemeinsam auf. Punkt elf Uhr begann das Turnier auf den zwei Spielfeldern und es ging begeistert und engagiert zur Sache. Spielfreude pur herrschte auf dem Platz und jeder kam zu Zuge und an den Ball. Die Spieler des FC Klingnau kannten überhaupt keine Berührungsängste. Gekonnt bauten sie das Spiel auf, bezogen die Menschen mit Behinderung ein und ermöglichten so zahlreiche faire Spiele. Es entstanden auf und neben dem Spielfeld ganz neue Kontakte und wertvolle Begegnungen. Denn gerade Behinderte, die in einer Institution leben, haben kaum private Kontakte ausserhalb des Heims und werden oft ausschliesslich von bezahlten Betreuern unterstützt. Nun am Probsteiturnier zusammen mit Spielern vom FC Klingnau zu tschutten war eine gute Abwechslung vom Alltag. Das Propsteiturnier ermöglichte ihnen fussballerisch richtig zum Zuge zu kommen, Neues zu lernen und Erfolg zu haben. So war es aus ihrer Sicht nicht ein Integrations- sondern ein Partizipationsturnier. Und auch die Klingnauer Tschütteler waren begeistert vom Turniernachmittag. Eine echt schöne Erfahrung sei es gewesen, so Marcel Cavelti. Man wolle das im nächsten Jahr wieder machen.

 

Am Turnier geben alle vollen Einsatz.

 

Familiäres Turnier

Einmal mehr meinte es Petrus gut mit den Fussballern, fast zu gut, denn es wurde ein sonniger und sehr heisser Tag. So war in den Pausen jeder Schattenplatz gefragt und jede kühle Erfrischung willkommen. Die Helfer des FC Klingnau betrieben eine attraktive Festwirtschaft wo sich die Tschütteler und auch die Turnierbesucher verpflegen konnten. Die Bar stand bald im Mittelpunkt des Interesses. Festbänke unter schattenspendenden Bäumen luden zum Verweilen an und fetziger Sound aus den Boxen verlieh dem Anlass eine fröhliche Stimmung. So trudelten im Verlaufe das Tages zahlreiche Fans, Gäste, Besucher und Interessierte auf dem Propsteiareal ein. Auch die Wohngruppen des AWZ liesen sich die Gelegenheit nicht entgehen, ihre Fussballer anzufeuern.

 

Prominenter Überraschungsbesuch

Dann die grosse Surprise: Unverhofft stand Luigi Ponte auf dem Platz. Der ehemalige UEFA Schiedsrichter und AFV-Vicechef, der auch Fussballer mit Handicap unterstützt, hat von diesem speziellen Fussballevent gehört, wollte sein Interesse an dieser Art von Sportanlässen zeigen und hat für alle Teilnehmenden eine Überraschung mitgebracht. So habe er vom Schweizerischen Fussballverband in Magglingen ein paar Kisten original Schweizer SFV Leibchen erhalten, mit dem Auftrag, diese an spezielle Fussballspieler zu verteilen. Stolz nahmen die Teilnehmenden die roten und weissen SFV Leibchen in Empfang und dann ging es auf den Spielfeldern wieder zur Sache.
Engagiert wurde um jeden Ball gekämpft und jedes der über 260 gefallenen Tore enthusiastisch gefeiert. Beeindruckend, wie die Klingnauer auf die Schwächeren Rücksicht nahmen, sie förderten und motivierten und mit ihrem Können zu spannenden aber unfallfreien Spielen beitrugen. Sie machten die Erfahrung, dass die Mitspieler mit einem Handicap ganz normal anders sind und waren beeindruckt, wie diese trotz körperlicher und geistiger Einschränkungen motiviert bei der Sache waren. Manch dieser der Spieler wuchs dadurch über sich hinaus, zeigte Leistungen und fussballerisches Potential, dass so noch nie zum Zuge kam. Trotz allem Ehrgeiz hatten die Schiedsrichter einen ruhigen Tag, Fairness und ausgeprägte Spielfreude standen im Vordergrund.

 

Zufriedene Gesichter und tadellose Organisation

Die Idee für diesen Anlass stammte vom Trainerteam der AWZ Cobras. Seit Anfangs Jahr werden die Fussballer des Arbeits- und Wohnzentrums Kleindöttingen von Esther Müller, Roger Meier und Marcel Cavelti trainiert und von Thomas Gautschi, Mitarbeiter im Wohnhaus in agogischen und organisatorischen Fragen unterstützt. Der Vorstand des FC Klingnau hatte sofort Musikgehör, das traditionelle Propsteiturnier mit einer neuen Kategorie zu bereichern.

So war es dann auch Präsident Roger Meier, der, zufrieden mit den Anlass, allen Beteiligten eine Erinnerungsmedaille überreichte. Auch die Gäste aus Wettingen und dem Wynetal waren begeistert von der guten Stimmung, der tadellosen Organisation und überzeugt, dass ihre Spieler menschlich wie sportlich viel profitieren konnten. Die AWZ Cobras erlebten nach dem Plauschtag im Mai einmal mehr einen spannenden Fussevent und freuen sich auf die Teilnahme am Rotary Fredy’s Grümpi im August in Wettingen.
Mit dem Integrationsturnier betrat der FC Klingnau erfolgreich Neuland, in dem er Menschen mit einer Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichte. Seine Aktiven zeigten Offenheit, Engagement und Empathie. Zu hoffen ist, dass im nächsten Jahr noch mehr Besucher diesen innovativen, unterhaltsamen und familiären Anlass unterstützen werden.